... Weder im allgemeinen noch im besonderen kann man ... von einem grundsätzlichen Unterschied zwischen der Geistesverfassung der Naturvölker und der unseren ausgehen. Es gibt keine spezielle »primitive Mentalität«, sondern nur andersartige Wahrnehmungen der Wirklichkeit. ...
[SCHWEER, Lit. 2, Seite 80]
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... Und was die angebliche Irrationalität anbelangt, so ist im Glauben und Denken der Naturvölker vieles in sich schlüssiger und plausibler als in den monotheistischen Religionssystemen, die ihrerseits einiges an abergläubischen Vorstellungen aufweisen. Aus den sozialen, kulturellen und religiösen Verhältnissen innerhalb der heutigen Naturvölker lassen sich weder die Ursprünge der Menschheit noch die Anfänge der Religion rekonstruieren. ...
[SCHWEER, Lit. 1, Seite 10]
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... Die Schriftlosigkeit bildet den einzigen gemeinsamen Nenner der Naturreligionen, die sich ansonsten in so vielfältiger Weise voneinander unterscheiden wie die Religionen, die heilige Texte besitzen. ...
[SCHWEER, Lit. 2, Seite 11]
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... dem (erdverbundenen) Volk (werden) die Wechselbeziehungen, auf denen das ursprüngliche Modell basiert, ständig in Liedern und anderen rituellen Handlungen verdeutlicht, so daß jeder wirklich mit der Weltanschauung, die er wiedergibt, erfüllt ist. .. Aus ... diesen Gründen erfüllt ein ... ursprüngliches Modell die grundlegenden ... Erfordernisse für eine Gesellschaftsform auf eine Weise, wie es ein wissenschaftlich-mathematisches Modell nicht kann. ...
[GOLDSMITH / Lit. 1, Seite 86]
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... In jedem lebendigen Wesen wohnt ein kleiner Gott. Und weil wir alles, was lebt, anbeten, könne wir auch nicht rücksichtslos mit dem umgehen, was uns die Natur gegeben hat. ...
[Zitat Wladimir SANGHI, aus LUDWIG / Seite 165]
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(Indianisches Gedicht) ... Lebender Fels: Ich sah einen Stein, ... Ich lebe das Leben der Felsen. Ich bin ein Teil der Erdmutter. ... Ich bin ein Teil uns' res Vaters, des großen Geheimnisses. ... Ich bin ein Verwandter der Sterne. Ich spreche, wenn du zu mir sprichst. ... unser Fühlen ist eins. Ich bin gefüllt mit heilender Kraft, ... Du denkst ich sei ein Felsen, welcher liegt in der Stille, ... Doch das bin ich nicht, sondern Stück allen Lebens. Ich bin lebendig, denen, die denken. ...
[Zitat Cesspooch, aus LUDWIG / Seite 196 - 197]
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(Samisches Gedicht) ... Das Wort: Flüstere zu den Felsen, in dem versteckten lauscht etwas, nimmt das Wort entgegen, führt es weiter und vollendet es. ...
[Zitat Ailo Gaup - samischer Dichter, aus LUDWIG / Seite 195]
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... Das Totemtier wird nicht im biologischen Sinne aufgefaßt, sondern im mythologischen. Die Erzählungen von Totemtieren sollen die mythische Verbindung und den gemeinsamen Ursprung von Mensch und Tier veranschaulichen, sie sind keine irrationale Gleichsetzung von beiden. Es käme ja auch in Europa niemand auf die Idee, aus dem hier vorhandenen Märchen- und Mythenschatz zu schließen, wir würden ernsthaft glauben, daß ein Tier sich in einem Menschen verwandeln könne. ...
[SCHWEER / Lit. 2, Seite 22]
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... »Unser Altvater Uakan-Tanka, Du bist alles und doch über allem! Du bist der Anfang. Du warst seit Ewigkeit. ... / ... Alles, was sich bewegt, und alles, was ist, will eine Stimme zu Uakan-Tanka schicken. ... / ... »Du, o Seele, bist die Hokschitschankiya, der Ursame. ... Altvater und Vater Uakan-Tanka, und Altmutter und Mutter Maka, die Erde. Denke an diese vier Verwandten, die in Wirklichkeit alle Einer sind, ... / ... Uakan-Tanka ..., der ewig fließt und Seine Macht und Sein Leben allem mitteilt...
[HIRSCH / Lit. 1, Seite 24 / 33 / 43 / 47]
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»Laguna Pueblo« - Wiegenlied: Die Erde ist deine Mutter, sie hält dich. Der Himmel ist dein Vater, er beschützt dich, schlaf, schlaf, Regenbogen ist deine Schwester, sie liebt dich. Die Winde sind deine Brüder, sie singen dir zu. Schlaf, schlaf. Wir sind immer beisammen. Wir sind immer beisammen. Es gab nie ei ne Zeit, wo dies, nicht so war. ...
[aus LUDWIG / Seite 102]
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... Beim Zurückhalten einer Seele ... wird die Seele so geläutert, daß sie und der Geist eins werden: damit wird sie fähig, zu der »Stelle«, wo sie geboren wurde - zu Uakan Tanka -,zurückzukehren und braucht nicht über die Erde zu wandern, wie die Seelen schlechter Leute es tun müssen; ... / ... und daß kein Zank und Hader stattfindet; immer muß in dieser Wohnung (Anm.: des Verstorbenen) Eintracht herrschen, denn alle Dinge haben einen Einfluß auf die Seele... / Das Herz ist das Heiligtum, in dessen Mitte sich ein kleiner Raum befindet, wo der Große Geist wohnt... Wenn das Herz nicht rein ist, dann kann der Große Geist nicht geschaut werden, und solltet ihr in dieser Unwissenheit sterben, so kann eure Seele nicht sogleich zu Ihm zurückkehren, sondern muß durch Irrfahrten in der Welt gereinigt werden. ... / ... »Jeder Mann«,... »der an die Sinne und die Dinge dieser Welt gebunden ist und deshalb in Unwissenheit dahinlebt, wird von Schlangen aufgezehrt - von seinen eigenen Leidenschaften.« ...
[HIRSCH / Lit. 1, Seite 21 / 27 / 227 / 230]
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... Die Indianer waren vom Glauben an eine allmächtige ... Lebenskraft durchdrungen, die sich ihnen überall in der Natur offenbarte. ... Die Weißen bezeichneten sie mit dem Ausdruck »Großer Geist« ... (doch) Der Gottesbegriff des Roten Mannes hatte wirklich nichts mit dem ... christlichen Schöpfer gemein. ... das »Große Geheimnis« war Ursprung und Quelle jeder Kraft und »beseelte« alle Geschöpfe und Gegenstände... (Die Indianer) glaubten, die Welt sei geheimnisvoll in ... (ihm) eingebettet, so daß (es) in allen Dingen wirke, ohne aber selbst »in der Welt« zu sein. ...
[OTH / Lit. 1, Seite 150]
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... Im Leben des Indianers gab es nur eine unumgängliche Pflicht - die Achtung vor dem Unsichtbaren und Ewigen. Dieser Achtung Ausdruck zu verleihen war jedem Indianer wichtiger als die tägliche Nahrung. Er erwacht bei Tagesanbruch, zieht seine Mokassins an und schreitet an den Rand des Wassers hinab. Er wirft sich Händevoll klaren, kalten Wassers ins Gesicht oder taucht seinen ganzen Körper ein. Nach dem Bad steht er aufrecht in der ersten Morgenröte, mit dem Gesicht zur aufgehenden Sonne, und bringt ein stummes Gebet dar. ... Wann immer der rote Jäger bei seiner täglichen Jagd etwas erblickt, das eindrucksvoll und erhaben ist - eine schwarze Gewitterwolke mit einem leuchtenden Rund des Regenbogens über dem Berg oder einen weißen Wasserfall im Herzen einer grünen Schlucht oder die weite, von einem blutroten Sonnenuntergang überhauchte Prärie -,verharrt er einen Augenblick in andächtiger Haltung. Er hält es nicht für notwendig, einen von sieben Tagen zu heiligen, denn er weiß, daß Gott jeden Tag für ihn gemacht hat, wenn er versteht, die Natur zu achten. ...
[Zitat OHIYESA, aus MCLUHAN / Seite 42]
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»... Alles ist heilig, vergesst das nicht. Jeder Sonnenaufgang ist ein heiliges Geschehen; jeder Tag ist heilig, da das Licht von eurem Vater, dem Großen Geheimnis kommt; auch müsst ihr daran denken, dass die Zweibeiner und alle anderen Völker, die auf dieser Erde stehen, heilig sind und demgemäß behandelt werden sollen.«
[Zitat HÄCHAKA SSAPA, aus KRONFLI / Seite 14]
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... Uakan-Tanka als »Altvater« ist der Große Geist, unabhängig von jeglicher Auswirkung, eigenschaftslos, unbegrenzt, also das Unbedingte, gleich der christlichen Gottesnatur oder dem hinduistischen Brahma-Nirguna. ...
[Zitat Joseph E. Brown - am. Religionswissenschaftler, aus HIRSCH-1 / Seite 231]
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... Weil der chtonische Mensch (Anm.: Mitglied eines erdverbundenen Volkes) keine Unterscheidung zwischen sich und anderen Tieren machte, gab es in seiner Ordnung der Dinge keinen Grund, zwischen sich selbst und seinen Göttern und den sie verkörpernden Tieren und Geistern zu unterscheiden, denn alle waren Teil desselben Kosmos. ...
[GOLDSMITH / Lit. 1, Seite 400]
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... Wir sollten verstehen, daß alles das Werk des Großen Geistes ist. Wir sollten wissen, daß er in allen Dingen ist: in den Bäumen, den Gräsern, den Flüssen, den Bergen und all den vierbeinigen Tieren und den geflügelten Völkern; und was noch wichtiger ist: wir sollten verstehen, daß Er auch über all diesen Dingen und Wesen ist. Wenn wir all das tief in unsern Herzen erfassen, dann werden wir den Großen Geist fürchten, lieben und kennen; und dann werden wir uns bemühen, so zu sein, so zu handeln und zu leben, wie Er es will.
[Zitat HÄCHAKA SSAPA, / Lit. 1, Seite 10]
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»... In der ältesten Religion war alles lebendig, nicht übernatürlich, sondern natürlich belebt. ... Denn das ganze Bemühen des menschlichen Lebens besteht darin, sein Leben in direkten Kontakt mit dem elementaren Leben des Kosmos zu bringen, mit dem Leben der Berge, dem Leben der Wolken, dem Leben des Donners ... (u.s.w), in unmittelbar spürbaren Kontakt zu kommen, und so Energie, Kraft und eine dunkle Art von Vergnügen zu schöpfen. Dieses Bemühen um bloßen, nackten Kontakt ohne ein Zwischenglied oder einen Vermittler ist die ursprüngliche Bedeutung von Religion.« ...
[Zitat D.H. Lawrence - engl. Schriftsteller, aus GOLDSMITH / Seite 390]
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... Die ganze Schöpfung, die uns umgibt, ist mit Intelligenz begabt -Tiere, Pflanzen-, und dieser andere Teil der Schöpfung nimmt sehr viel aufmerksamer die Veränderung auf der Erde wahr, als es die meisten Menschen tun. Diese anderen Geschwister des Menschen können Dinge schon vorher fühlen. Die Wale senden uns zum Beispiel sehr oft Warnungen. Sie versuchen uns zu vermitteln, das die Welt aus den Fugen geraten ist und wir das Gleichgewicht verloren haben. Aber der Hochmut der Menschen ist groß, er verführt sie, die Natur und die Tierwelt als sprachlose Welt zu verachten. Diese Haltung ist der eigentliche Grund, warum wir keine Bindung zur Natur herstellen können. Wir sind so stark von unserem Vorurteil gegenüber der anderen Schöpfung geprägt. Und so entgeht uns lebenswichtiges Wissen. ...
[SUN BEAR / Lit. 1, Seite 105]
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... Aus der Verbindung vom eigenen Schicksal mit dem der Erde leiten die Ureinwohner ihre Verantwortung für die Schöpfung ab. Die heute neu entdeckte »esoterische« Weisheit der westlichen Industrienationen kommt den indigenen Völkern allmählich wieder nahe, denn sie besinnt sich ebenfalls darauf zurück, dass alles mit allem zusammenhängt und der Grundsatz »wie im Kleinen so im Großen« gilt. Zwar weiß auch die moderne Physik um derartige Zusammenhänge, doch weigert sich die Mehrheit der Industrienationen nach wie vor, daraus ernste Konsequenzen zu ziehen. Der rücksichtslosen Ausbeutung und Vernichtung der Natur um fragwürdiger Konsumbedürfnisse und Machtgelüste willen wäre ja die Grundlage entzogen. ...
[Zitat SOTSISOWA, aus LUDWIG / Seite 19]
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... In den Kulturen der Frühzeit waren rationale, emotionale, imaginative und mystische Elemente durch innere Einheit miteinander verwoben. Der Mythos ist teils Wissenschaft, teils Kunst, teils Religion. ...
[LASZLO / Lit. 2, Seite 94]
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... Um Schüler des Roten Mannes zu werden, müssen wir erkennen, daß einiges von dem, was er uns zu lehren hat, über alle Grenzen von Kultur und Geschichte hinaus gültig ist. ...
[Zitat Dennis TEDLOCK - am. Ethnologe / Seite 11]
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